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Schweizerische Ärztezeitung
Ein Rezepturverbot für Ärztinnen und Ärzte im Ruhestand?
Dr.med. Walter Grete – 19.09.2018
Zusammenfassung
Im Kanton Zürich wurde die Seniorenbewilligung für Ärzte im Ruhestand ersatzlos aufgehoben, was zur Folge hat, dass der emeritierte Arzt für seine Familie und selbst für den Eigenbedarf keine Rezepte mehr ausstellen darf. Da sich die Gesetze nicht geändert haben, grenzt der Erlass an Willkür. Nicht nur die Zürcher Ärzteschaft ist aufgerufen, unnötige Reglementierungen eines Berufsstandes zu stoppen.
Die Berufserfahrung des Arztes ist in der Regel im Zeitpunkt seines Ausscheidens aus der Praxistätigkeit am grössten. Das weiss auch sein Umfeld, weiss seine Familie, wissen seine Freunde, die Nachbarn und vor allem die Mütter seiner Enkel. Er wird deshalb regelmässig um Rat gefragt. Der ärztliche Rat ist in diesem Fall für einmal kostenlos. Der gute Rat, ergänzt durch ein Rezept für das richtige Medikament, wird gar wertvoll.
Just dieses alte Recht zur Rezeptur wurde Ärztinnen und Ärzten im Ruhestand im Kanton Zürich auf den 1.1.2018 gestrichen. Die bewährte «Seniorenbewilligung» ist ersatzlos abgeschafft worden, das heisst, ein Rezept von einem Arzt ohne aktive Berufsbewilligung ist im Kanton Zürich nicht mehr zulässig, wird folglich den Patienten auch nicht mehr vergütet und darf vom Apotheker für rezeptpflichtige Medikamente nicht einmal bedient werden. Nur Ärzte und Ärztinnen mit ordentlicher Praxisbewilligung sind dazu berechtigt. Die ordentliche Praxisbewilligung zur kommerziellen Berufstätigkeit ist jedoch verbunden mit allen Auflagen gemäss Art. 36ff. MedBG: Berufshaftpflicht, jährlichem Fortbildungsnachweis und Notfalldienstleistung. Diese Auflagen sind unverhältnismässig und teuer. Für die Notfalldienstdispensation würden mangels Berufseinkommen jedoch keine Kosten entstehen.
Bei 750 Ärztinnen und Ärzten im Ruhestand ohne «Seniorenbewilligung» dürften im Kanton Zürich somit einige Tausend Rezepturen ungültig werden. Nicht nur dies, auch der ärztliche Rat wird nun kostenpflichtig, muss doch der Patient zu einem «Kassenarzt», der in der Regel den guten Rat des alten Kollegen bestätigen wird und nun völlig legitim nach Tarifansatz Rechnung stellt. Ein grosser Teil dieser Konsultationen erfolgt zur Unzeit, belastet somit das System zusätzlich über Gebühr, wohlgemerkt ein System, das unter Hausärztemangel und Finanzierungsproblemen leidet.
Die Systemänderung ist teuer. Unsinnig wird sie für den Arzt im Ruhestand als Patient, der für sich selbst ein Medikament benötigt. Er kann, nein er darf auch für den Eigengebrauch kein rezeptpflichtiges Medikament mehr beziehen. Er muss nun für rezeptpflichtige Medikamente selbst einen Kollegen aufsuchen, selbstverständlich tarifpflichtig.
Um diesen teuren Unsinn zu vermeiden, wurde einst die ärztliche Seniorenbewilligung geschaffen, ein Verzeichnis der nicht mehr berufstätigen Ärztinnen und Ärzte im Kanton. Diese kantonale Bewilligung musste alle drei Jahre neu beantragt werden. Die Liste der Seniorenbewilligungen ermöglichte der Gesundheitsdirektion als Aufsichtsbehörde ihre Kontrollfunktion, aber auch die zeitverzugslose Information aller Ärzte über relevante Mitteilungen, über ansteckende Krankheiten, Rückzug von Medikamenten, Impfstoffen etc.
Da sich die Gesetzestexte in den vergangenen 10 Jahren nicht geändert haben, ist die Abschaffung der Seniorenbewilligung unverständlich, erscheint willkürlich, kostet Prämiengeld und tangiert ungebührlich die Würde eines altgedienten Berufsstandes.
Der Verlust alter berufsständischer Rechte ist schleichend. Immer öfter werden alte Freiheiten, in der Absicht, ein kleines Problem zu lösen, eingeschränkt. Es sind nicht diese kleinen Probleme, die mir Sorgen bereiten, es ist der Verlust von Freiheit und Eigenverantwortung im Beruf. Schirmherrin über die Berufsfreiheit ist unsere FMH.
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